Akute Reizüberflutung

Akute Reizüberflutung

Das Hostel ist super und die Tage hier wunderschön. Die Strände sind toll, das Wetter top. Nur der Fäkal-Geruch ist mancherorts sehr unangenehm.

Das erste Mal trifft er mich wie ein Peitschenhieb und die Reaktion meines Körpers ist entsprechend heftig. Mein Gesicht zieht sich zusammen, als hätte ich gerade auf die sauerste Zitrone der Welt gebissen. Wirklich. Würde man einem Menschen, der extrem viele Piercings im ganzen Gesicht hat, einen superstarken Magneten an die Nase halten… er sähe dann wohl aus wie ich in diesem Moment. Der Gestank lässt meinen gesamten Körper erschauern. Und das, obwohl ich von vielen darauf hingewiesen wurde und über die mangelhaften Abwasser-Systeme gelesen hatte. Aber auf manche Dinge kann man sich einfach nicht vorbereiten. Ein bisschen ist es wie gegen einen Weidezaun zu pinkeln, von dem man weiß, dass er unter Strom steht. Oder der letzte Abstieg des 1.FC Köln. Oder die vergangenen Bundestagswahlen. Jeder weiß, was ihn in Kürze erwartet. Trotzdem haut einen die Scheisse am Ende um.

Die Lösung

Da Thailand kurzfristig nicht in der Lage ist, die Abwasser-Systeme auf westliche Standards zu hieven, haben sie andere Wege erdacht, um die Touristen von dem Geruch abzulenken. Der Trick scheint zu sein, die anderen Sinnesorgane total zu überlasten. Dazu wimmeln unendlich viele, extrem aktive Strassenhändler durch die Gegend. Diese Händler handeln, entgegen ihres Namens, nicht mit Strassen. Sie bieten verschiedenste Dinge feil, wie Kokosnüsse, Massagen, Tuk Tuks, Maßanzüge, Banana Pancakes,…

Alle drei Meter spricht mich jemand an. Es gleicht einer Tortour. Ich fühle mich wie ein Tortourist. Denn leider lassen die Verkäufer, was die Kreativität angeht, etwas zu wünschen übrig. Nur das Produkt, das man im Angebot hat, zu nennen, ist kein wirkliches Marketing. „Banana Pancake?“, das wäre so, als würde vor einem Mercedes-Autohaus einer stehen und jeden anbrüllen: „Auto?“. Oder im Bestfall „You need Auto?“. Ob das Sinn macht?

Irgendwie muss man sich als Unternehmer von der Konkurrenz unterscheiden. Die Essens-Anbieter und die Tuk-Tuk-Fahrer machen das überhaupt nicht. Das riecht fast nach Monopol. Und auch ein bisschen nach Banana Pancake. Lecker. Vielleicht sind auch einfach beide Dinge so gefragt, dass keine Differenzierung notwendig ist, da der Markt jeden Bananenbräter und Tuk-Tuk-Fahrer braucht? Gut, die Tuk-Tuks fahren ja auch viel hier rum, aber wer isst hier schon einen Banana Pancake?

Die Schneider scheinen im Marketing-Unterricht jedenfalls besser aufgepasst zu haben und werfen mit USPs um sich. Leider scheint es generell nur zwei Verkaufsvorteile zu geben und die haben alle: „Cheapest Price“ und „Best Quality“. Mal im Ernst, wenn ich bei 35 Grad nur in Badehose, einem T-Shirt und Flip-Flops durch die Gegend laufe, wäre ich eher bereit einen Anzug zu kaufen, wenn mir jemand ein kostenloses Eis dazu verspricht. Einen Anzug brauche ich hier in etwa so dringend wie eine Daunenjacke oder einen Banana-Pancake. Verdammt, wieso muss ich dauernd an einen Pancake denken? Er ist schon in meinem Relevant Set, wie der Marketer sagt. Wie haben die das gemacht? Mist, die sind cleverer als gedacht.
Pah, aber von denen lasse ich mich nicht verführen. Genauso wenig wie von den Massage-Ladys. In Phuket gibt es gefühlt alle 5 Meter einen Salon. 90 Prozent davon sind allerdings Massaaaaage-Salons. Was das bedeutet? Wird einem eine Massage angeboten, dann geht es dort meist auch um eine Massage. Wird einem hingegen eine Massaaaaage angeboten, dann hat es eher einen sexuellen Hintergrund.

Die extra a’s stehen für „alle arten arotischer abenteuer“.

Den ganzen Tag heißt es also „Coconut?“, „Massage?“, „Tuk Tuk?“, „Suit?“, „Massaaaaage?“, „Banana Pancakes?“. Abgerundet wird die akustische Belästigung noch von Trucks, die per kratzigen Lautsprechern und den ewig gleichen zwei Sätzen Werbung für die anstehenden Thai-Boxkämpfe machen. Vielleicht ist am Strand ruhiger?

Aber das ist dann ein Anderes Thema.
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