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Das unsichtbare Chamäleon

Das unsichtbare Chamäleon

Zwischen den Transvestiten tummeln sich die Foto-Verkäufer. Beziehungsweise die Halte-mein-Tier-und-mach-ein-Foto-für-100Baht-Menschen. Die haben Affen, ein Faultier oder irgendetwas anderes Exotisches auf dem Arm.

Das darf der zahlende Tourist kurz halten, dann bekommt er ein Polaroid-Foto und geht weiter. Eine thailändische Frau bietet mir an, mich mit einem windeltragenden Affen abzulichten. Denke an mein aktuelles – eher klassisches – Bewerbungsfoto und überlege kurz. Winke ab, die Windel lässt mich zu weich wirken. Vielleicht gut für Dating-Portale, aber für Bewerbungen bräuchte ich ein spannenderes Tier. Dating-Portale wären eigentlich ein dankbares Anderes Thema, falls mir mal der Stoff ausgeht.

Das Foto

Der nächste Fotograf ist ein schrumpeliger kleiner Mann, der nur fünf Zähne besitzt. Zwei davon sind von einem Fisch und hängen um seinen Hals. Er riecht ein bisschen streng und bietet mir freundlich an, ein Foto mit seinem Chamäleon zu machen. Ich sehe keins. Er sagt, es wäre sehr gut in Sachen Tarnung. Zweifle daran. Wenigstens streicheln, das müsste ja wohl möglich sein. Quasi als Existenzbeweis. Er sagt, dass das Problem an der guten Tarnung wäre, dass sie ihren Zweck erfüllt. Kurzum, er weiss nicht genau wo es ist. Meine Zweifel mehren sich.

Er schlägt mir einen Kompromiss vor: Da es nur zwei Möglichkeiten gibt – entweder es ist wirklich da oder nicht – beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass er wirklich ein Chamäleon hat, 50%. Somit wäre es angemessen, dass ich die Hälfte bezahle. Das halte ich für Unsinn. Rechne es mit einem Dreisatz nach. Merke, dass der Dreisatz mir hier nicht weiterhilft.

Pythagoras auch nicht, der hat schliesslich nur Pyramiden gemacht und nie Chamäleons. Gebe auf, zahle 50 Baht und er legt mir das unsichtbare Chamäleon auf die Schulter. Ich spüre sein Gewicht nicht. Das liegt daran, dass ich so stark sei, meint der Mann. Freue mich, dass mein mentales Training endlich Wirkung zeigt.

Laufe mit dem Polaroid-Bild, auf dem ich stolz grinsend ein unsichtbares Chamäleon halte, durch die Strasse und nähere mich dem Ende der Bangla. Jetzt nur noch die Verkäufer.

Outfit-Sorgen

Heute haben sie neben gemütlichen Strickmützen (hier nochmal der Hinweis auf Temperaturen um die 35 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von knapp 70%) jede Menge Unfug im Angebot. Zum Beispiel leuchtende Propeller, die man in die Luft schiesst und die dann wieder zu Boden segeln. Ist Quatsch, aber die gibt es seit Jahren in Fussgängerzonen weltweit zu kaufen. Also gibt es Leute, die die gut finden. Spannen, loslassen, hui, warten bis es unten ist. Aufheben, spannen, loslassen, hui, warten bis es unten ist… Wer es mag. Ich brauche das nicht.
Trotzdem bekomme ich diese Dinge recht häufig angeboten. Das besorgt mich ein wenig.

Wenn den Verkäufern bei meinem Anblick die Dollarzeichen in die Augen springen und sie sich dabei dann sowas denken wie: „Boah, kuck Dir den an! Das ist er! Der kauft mir die Hütte leer. Ich muss Chang Bescheid geben, dass wir Leucht-Propeller nachbestellen müssen!“… Was sagt das über meinen Stil und mein Auftreten aus?

Ich will kein Leucht-Propeller-Kunde sein. Ich will auch nicht wie einer aussehen. Hm. Sollte wohl eine Versuchsreihe starten, mit welchem Outfit/Auftreten ich am seltensten angesprochen werde. Während ich darüber nachdenke, schlendere ich an den letzten Verkäufern vorbei und bin am Ende der Bangla Road. Drehe mich um, um einen letzten Eindruck zu gewinnen. Eine Frau hält mir einen leuchtenden Stab mit Mickey Mouse ins Gesicht, ein Mann fragt zeitgleich, ob ich ein Tuk Tuk brauche und im Hintergrund knallt ein besoffener Russe auf den Boden. Patong.

Höchste Zeit für Koh Phi Phi.

Aber das ist wohl ein Anderes Thema.

 

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